Eine Theorie der Persönlichkeit
Von der Vielzahl der Ereignisse, mit denen wir Menschen aufwachsen, wird nur „ein sehr geringer Teil“ bewusst „erfahren“ und ein weit größerer Teil „sinkt ins Unbewusste ab“;
und doch bilden alle - bewusste und unbewusste - Erfahrungen die Basis für die Wahrnehmung der „Realität“ einer Person.
"Persönlichkeit ist das individuelle So-Sein einer Person, die diese einzigartig macht. Damit ist alles, was eine Person ausmacht, in der Person enthalten: Ihre Wünsche, Ängste, Hoffnungen und Fähigkeiten."
Warum heißt es eigentlich der „Person-zentrierte Ansatz“ - und nicht der „Personen-zentrierte“?
Wo bleibt bei der Einzahl der Gedanke, dass eine Person Teil eines Systems ist, dass das Umfeld mit betroffen ist und einbezogen werden muss? Warum hat Rogers in seinen späteren Überarbeitungen der „Gesprächspsychotherapie“ zur „Personzentrierten Psychotherapie“ nicht die Mehrzahl im Titel seiner Theorie gewählt?
Nun, zunächst: der Personzentrierte Theorie IST eine Theorie der sozialen Wechselseitigkeiten (vgl. "6 Bedingungen" unten). Doch Carl Rogers war Amerikaner und „Person“ ist aus dem Amerikanischen übernommen worden – es ist eine Übersetzung des „Person-Centered Approach“ und eben nicht „People-Centered“. Doch spricht man von der Person, so ist damit eine einzelne Person gemeint: "Person-zentriert". Und zu dieser Person zugehörig ist ihre eigene, individuelle Persönlichkeit. Der Begriff „Persönlichkeit“ deutet also darauf hin, dass ein Mensch im Verlauf seiner Lebensgeschichte und Entwicklung, sich eine spezifische Art und Weise einer inneren Haltung angeeignet hat.
Person ist jeder Mensch von Anfang an,
Persönlichkeit entwickelt er erst.
Persönliches Wachstum tritt auf, wenn Individuen mit Problemen konfrontiert werden, kämpfen, um sie zu meistern und durch diesen Kampf neue Aspekte ihrer Fähigkeiten und Ansichten über das Leben zu entwickeln (Carl Rogers).
Dieses persönliche Wachstum kann jeodch nur in der Interaktion mit Menschen und in ihrer jeweiligen sozialen Umwelt entwickelt werden.
Die Umwelt entzieht sich allerdings weitgehend einer objektiven Betrachtung und stellt sich dem einzelnen jeweils so dar, wie er sie individuell erfährt. (Carl Rogers)
„Persönlichkeit“ bildet sich nicht aus dem isolierten Inneren, das nur darauf wartet, entwickelt, „verwirklicht“ zu werden.
Es ist das individuelle und subjektive Fundament von Entscheidungen, die von jedem Einzelnen getroffen werden müssen und für die umsetzbare Lösungen gefunden werden wollen. Entscheidungen zu treffen, diese in Taten umzusetzen und die Verantwortung dafür zu übernehmen ist demnach von existenzieller und sinngebender Bedeutung.
Doch sich in diesem Sinne verantwortlich zu fühlen, fällt vielen Menschen schwer. Denn es bedeutet auch, sich dem eigenen Anteil am Zustandekommen von Kommunikations- und Beziehungsschwierigkeiten zu stellen. Denn dieser eigene Anteil wird leider vorschnell negativ bewertet. Man ist dann "selber schuld", und wer ist das schon gerne.
Da scheint es doch besser, man nimmt das eigene So-Sein als schicksalhaft, biografisch gemacht, nicht in eigener Verantwortung liegend und damit unveränderlich hin. Doch nur dieses Bewusstsein der persönlichen Verantwortlichkeit birgt zugleich die Hoffnung auf die Möglichkeit einer Neuentscheidung.
Eine neue Option, die möglicherweise den Weg zur inneren Freiheit bahnen kann:
Die Freiheit der Entscheidung zum Wachstum kann daher anstrengend sein; aber bereichert eine Person um ihre kongruente Persönlichkeit.
Unter welchen Bedingungen entwickelt sich eine Person kongruent?
Carl Rogers sprach dazu von „Bedingungen“.
Sechs Bedingungen, die für eine unterstützende Gesprächsführung, wie im Coaching und in der Führung von Mitarbeitenden, unumgänglich sind.
6 Bedingungen, sogenannte „Wirkfaktoren“ (mehr dazu hier) förderlicher Kommunikation, die bis heute immer wieder verifiziert werden:
➡ WENN...
1. echter Kontakt zur Person A (Coachee, Mitarbeiterin) hergestellt ist
2. diese Person A ein eigenes Anliegen hat
3. die Person B (Coach, Führungskraft) in der Beziehung kongruent sein kann und
4. die Person B, die Person A mit ihrem persönlichen Anliegen wertschätzend annehmen und
5. empathisch verstehen kann und
6. die Person A dieses wertschätzende und empathische Verstehen auch erkennen und annehmen kann,
➡ DANN
... kann sich ein Klima bilden, indem die Person letztlich gar nicht anders kann, als innerlich zu wachsen, flexibler zu werden, da dann Vertrauen entsteht. Zu sich selbst. Denn so kann Person A ihre bisher nicht genutzten Ressourcen aus sich selbst heraus aktivieren.
DANN, wenn ALLE Bedingungen (und nicht nur Wertschätzung und Empathie) ineinander verwoben werden UND ein ständiger Prozess des wechselseitigen aufeinander Eingehens zu erkennen ist.
✅ Mehr braucht es dann nicht, um Entwicklung zu unterstützen.
Aber eben auch nicht weniger; denn das sind die grundlegenden, immer wieder verifizierten, „Bedingungen“ für Wachstum.
Für konstruktive, kongruente Entwicklung.
...to be continued...